Erfassungstrinken
Während jedem aussterbenden Tier ein Kranz geflochten und der verschwindenden Sprachen nebst versunkenen Wortschätzen in trommelnder Lyrik gedacht werden sollte, liegt dies beim Tresensterben etwas anders. Hier reicht ein spät gemurmeltes Bekenntnis niemals.
Denn das allein eingeschüttete Getränk macht einsam, aggressiv und krank und da selten jemand ungefragt in unbekannten Küchen mit seinem Glas einkehrt, lernt sich auch niemand mehr kennen ohne Anwalt und Versicherungsvertreter als Kontakter.
Ja und was wird aus der schadenfrohen Nachrede, dem Kitt jeder sprechenden Gesellschaft, wenn wir nichts voneinander wüssten? Welches Gerät ersetzte die Weisheit des trinkenden Kollektivs?
Wer bei dieser Bedrohung des gesellschaftlichen Lebens an trocknen Feldkanten nur mit den Achseln zuckt, der spielte auch Geige angesichts des brennenden Roms.
Handeln bedeutet zuvorderst, dem Tresen ein Exil zu geben und den hohen Nebengebäuden einen relevanten Inhalt. Mit den Jahren wird das verstossene Relikt seine Schönheit neu behaupten, natürlich bedarf es der betrieblichen Praxis.
Ein schönes Gebiet entsteht hier auch der Forschung. Denn der Stammtisch als kleinste Zelle des gesunden Menschenverstandes ist schwer auszuleuchten, die bisherige Datenlage ist durch das getrübte Erinnerungsvermögen und sprunghaftes Trinkverhalten leider als kaum vorhanden zu beschreiben.
Durch die Installation eines Getränkezählers ist allen geholfen: der Nachwuchs gibt den erreichten eigenen Pegel bekannt, der Kneiper kann die Nachschubliste ausdrucken und dem fremdländische Gast wird rasch noch die deutsche Mülltrennung veranschaulicht.
(Die Anzeige ist zwischen Prozent- und Preisangabe wählbar, der Anschluss ans Internet vorbereitet, die Registratur erfolgt durch den strippenziehenden Gast.)
Kreuzt die Getränke!
Labels: Landflucht
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